Zugegeben: Etwas holprig würde es schon wirken, wenn Du bei der Kellnerin eine Tasse Specialty Coffee bestellst. Unter Umständen erntest Du fragende Blicke oder so manch einem Leser ist vielleicht gar nicht bekannt, worauf genau dieser Begriff abzielt. Genau das klären wir auf dieser Seite und gehen dabei darauf ein, wann ein Kaffee überhaupt dieses Prädikat erhält.
Was ist Specialty Coffee?
Zunächst klingt es wie ein schicker Marketingbegriff für das beliebte Bohnengetränk mit einem Freifahrtsschein, den Preis dafür etwas höher anzusetzen. Dem ist allerdings nicht so, denn es handelt sich tatsächlich um eine Qualitätsbezeichnung. Sie kann nicht jeder Kaffee ohne Weiteres erhalten. Stattdessen gibt es mit der Specialty Coffee Association (SCA) eine offizielle Stelle, die alle relevanten Prozesse der Lieferkette analysiert.
Dementsprechend finden die Schritte von der Ernte, über die Verarbeitung, das Rösten, bis hin zum Zubereiten ihre Berücksichtigung. Die Absicht, die damit verfolgt wird: Den Konsumenten maximale Transparenz zu bieten und eine durchgehend hohe Qualität zu gewährleisten, die vom Anbau bis zum Ergebnis in der Tasse reicht. Der Begriff des Specialty Coffees wurde erstmals in den 1970er-Jahren gebraucht. Bis zur Gründung der SCA dauerte es allerdings noch etwas länger.
Die Specialty Coffee Associtation (SCA)
1982 wurde die Specialty Coffee Association of America (SCAA) in den Vereinigten Staaten gegründet. Die Organisation hat sich auf die Fahne geschrieben, Spitzenkaffee von maximaler Qualität zu fördern und alle dafür erforderlichen Maßnahmen zu unterstützen. Berücksichtigung finden dabei alle, die am Anbau und dem Verkauf von qualitativ hochwertigem Kaffee beteiligt sind. Doch nicht nur darauf legen die Macher den Fokus, sondern auch auf den Faktor Nachhaltigkeit beim Erzeugen und Weiterverarbeiten des Kaffees.
In Europa entstand 1998 mit der Specialty Coffee Association of Europe (SCAE) eine vergleichbare Organisation. Dies beiden Initiativen schlossen sich 2017 zusammen, woraus die SCA hervorging. Sie agiert heute weltweit und verfügt über zahlreiche Mitglieder. Sie sind sogenannte „Coffee Professionals“ – Experten also, die etwas von hochwertigem Kaffee verstehen. Dazu gehören Baristas ebenso wie Produzenten. Die SCA schafft somit eine Vernetzung zwischen verschiedenen Akteuren der Branche und engagiert sich dafür, die Qualitätsstandards von Specialty Coffee aufrechtzuerhalten und zu kontrollieren. Gleichzeitig geht es auch um den Austausch von Wissen und Erfahrungen.
Standards und Bewertung der SCA für Specialty Coffee
Es ist bereits angeklungen: Die Bezeichnung Specialty Coffee tauchte erstmals in den 1970er-Jahren auf. Ins Gespräch brachte den Begriff einst Erna Knutsen, eine gebürtige Norwegerin, die in Kindheitstagen mit ihrer Familie in die USA auswanderte. Sie gilt als eine prägende Persönlichkeit der weltweiten Kaffeeszene. Auf einer internationalen Konferenz erwähnte sie Specialty Coffee und meinte damit Kaffeebohnen, welche aus einem speziellen Mikroklima stammen und so verarbeitet wurden, dass ein einzigartiges Geschmacksprofil entsteht. Zudem zielte sie auf eine sorgfältige Röstung und Zubereitung ab. Genau diese Definition hat sich die SCA bis heute bewahrt.
Es müssen alle Schritte der Kaffeelieferkette korrekt ablaufen, um einen Specialty Coffee zu schaffen. Bei falschem Pflanzen in ungeeigneter Höhe oder in einem mangelhaften Boden kann kein Getränk mit diesem Prädikat entstehen. Auch Fehler bei der Röstung oder dem Mahlen haben zur Folge, dass dieses Prädikat nicht vergeben wird. Stattdessen müssen alle Etappen so ablaufen, dass der Kaffee sein volles Potenzial ausschöpft.
Die SCA orientiert sich an klaren Qualitätsstandards, wobei sie etwa den Bohnen Aufmerksamkeit schenkt und deren Form untersucht sowie mögliche Defekte prüft. Es kommt zu einer Einstufung zwischen Grad 1 (höchste Stufe) und Grad 5 (niedrigste Stufe). Nur mit Grad 1 bewertete Bohnen können als Specialty Coffee deklariert werden. Wichtig ist, dass keine unreif geernteten Früchte vorkommen. Verfärbungen sind ebenfalls ein Ausschlusskriterium. Zudem existiert die Vorgabe, dass auf eine Menge von 300 Gramm nur drei defekte Bohnen auftauchen dürfen.
Ein weiterer wichtiger Schritt bei der Bewertung von Specialty Coffee ist das sogenannte „Cupping“, bei dem eine Verkostung mit Hilfe eines Protokolls vorgenommen wird. Wichtige Kriterien sind dabei das Aroma, der Geschmack, die Ausgewogenheit, die Süße, der Abgang, der Körper sowie die Säureintensität. Dafür vergeben die Prüfer jeweils Punkte. Maximal sind 100 Punkte zu erreichen. Um als Specialty Coffee zu gelten, muss der Kaffee mindestens 80 erzielen.
Specialty Coffee vs. Premium-Kaffee
Premium-Kaffee und Specialty Coffee sind einander nicht gleichzusetzen. Mit Attributen wie eben „Premium“ oder auch „Gourmet“ zielen Anbieter darauf ab, beim Kunden zu implizieren, dass ihnen ein besonders hochwertiges Getränk vorliegt. Hierbei handelt es sich um eine Marketing-Strategie. Allerdings vermag der Blick auf die Verpackung nur wenige Erkenntnisse zu bringen. Dort finden die Käufer zumeist lediglich das Herkunftsland des Kaffees vor.
Specialty Coffee hingegen hält umfassende Informationen bereit, die auch auf den Herstellungsprozess verweisen oder den genauen Ursprungsort der Kaffeebohnen verraten. Gourmet- oder Premium-Kaffee kommt auch ohne diese Angaben aus – zumal sie in diesem Fall nicht verpflichtend sind. Viele Käufer achten zudem nicht auf diese Details oder messen ihnen keine große Bedeutung bei. Diese Kaffees sind in aller Regel vorgemahlen. Dadurch lassen sich keine Rückschlüsse mehr auf ihre Optik und den damit verbundenen Röstgrad
Specialty Coffee als Kunde erkennen
Wer Specialty Coffee kaufen und ihn zuhause zubereiten möchte, erkennt ihn an einer entsprechenden SCA-Zertifizierung. Ein wichtiges Indiz ist zudem die Kennzeichnung als „Single Origin“. Sie verweist darauf, dass der Kaffee aus nur einem Ursprungsland stammt.
Doch wie lässt sich eine Tasse dieser hochwertigen Köstlichkeit unterwegs finden? Ein Café kann beispielsweise eine SCA-Plakette aufweisen. Dadurch wird für den Kunden umgehend klar, dass es sich um einen Partner der Organisation handelt. Als ein solcher richtet sich das Lokal oder auch eine Rösterei nach den Specialty Coffee Leitlinien und verkauft diesen.
Cafés und Röstereien geben außerdem Auskunft, aus welchem Land, welcher Region und womöglich sogar von welcher Farm der Kaffee stammt. Teilweise lassen sich Lokale finden, welche den Cupping Score – beispielsweise auf der Karte – veröffentlichen, den die SCA vergeben hat. Wir möchten noch einmal daran erinnern, dass Specialty Coffee eine Mindestpunktzahl von 80 erzielen muss.
Geschmack von Specialty Coffee
Specialty Coffee siedelt sich preislich über konventionellem Kaffee an. Das ist wenig überraschend, angesichts des hohen Aufwands, der dahinter steckt. Immerhin investiert jedes Glied der Produktionskette viel Arbeit und Einsatz, um den Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. Dieser höhere Preis ist angesichts des Geschmackserlebnisses aber definitiv angemessen. Wer Specialty Coffee erstmals genießen darf, wird sich überrascht zeigen. Gegenüber einem konventionellen Kaffee begeistert er mit einer Fülle an komplexen Aromen, einer Fruchtsäure oder einer angenehmen Süße. Die Noten können nussig, schokoladig, süß, würzig oder auch sehr fruchtig sein – deren Ausprägung hängt vom Herkunftsland, der entsprechenden Region, der Anbauhöhe, der Qualität des Bodens sowie den klimatischen Bedingungen ab. Wer bis dahin noch keine Erfahrungen mit Specialty Coffee sammeln durfte, dem empfehlen wir dringend eine Kostprobe – ein Aha-Erlebnis ist garantiert.